Das Klassenbuch hat ausgedient
Herr Schröder und der Lehrkörper des Gymnasiums Bad Waldsee amüsieren sich prächtig
veröffentlicht in der Schwäbischen Zeitung vom 11.04.2022
Das Gymnasium Bad Waldsee feiert 50-jähriges Jubiläum und kooperiert im Jubiläumsschuljahr 21/22 mit der Kleinkunstreihe Kultur am See, um den Festivitäten eine garantiert unterhaltsame und vergnügliche Seite zu spendieren. Der Comedian und in 12-jähriger Praxis erprobte Gymnasiallehrer Herr Schröder war am Samstagabend zu Gast in Bad Waldsee. Mit seinem Programm Instagrammatik blickte Schröder vor gut 150 Besuchern auf das fragile Beziehungsgeflecht Lehrer-Schüler, das durch die zurückliegenden Pandemiejahre einen technischen Quantensprung vom verstaubten Klassenbuch zum flapsig schnellen Instagrammaccount des Lehrkörpers erfahren hat.
Der Wechsel der Spielstätte vom Haus am Stadtsee in die Stadthalle für den national und medial bekannten und populären Herrn Schröder wäre allerdings, im Angesicht der Besucherzahl, nicht nötig gewesen. Der fast vollständig anwesende gymnasiale Lehrkörper rund um Schulleiter Mark Overhage, sowie die Schüler eines Abiturkurses der die Besucher im Foyer bewirtete, stellten den Großteil der Besucher und hievte den Abend, so Herr Schröder, wohl in den Stand einer steuerlich absetzbaren Fortbildungsveranstaltung. Also gab es was zu lernen – beim Herrn Schröder. 2G, 3G, 3G+, G8 oder G9 und selbstverständlich 5G für die schnellen Schülerhandys, mit denen diese den Instagrammaccount des Lehrers Schrödi einrichten und die Rahmenhandlung für das rund zweistündige Programm liefern. Die Kalauerdichte bei Herrn Schröder ist ausgesprochen hoch, die Spontanität mit der er die Bausteine seines Programms an die spontanen Inputs des Publikums anpasst, genauso. Der Dialog mit den anwesenden Lehrern gelingt gut und selbst der Schüler aus der zweiten Reihe bekennt auf Nachfrage zum bevorstehenden Abitur „Man sollte jetzt lernen“.
Den zurückliegenden Lockdowns der Coronapandemie mit all ihren Einschränkungen für den Schulbetrieb kann Herr Schröder auch positive Aspekte abgewinnen. Das Wissen der Biolehrer war plötzlich in der Schülerschaft geachtet und selbst die Erklärung der Exponentialfunktion im Mathematikunterricht strotzte von wertvoller Praxisnähe. IT in der Schule bezog sich fortan nicht nur auf die Informatikkurse und die Bürosoftware im Sekretariat. Viele Lehrer erkannten erstmals, dass sie an der Schule einen eigenen Account haben und kämpften fortan mit den Tücken des online Unterrichts. Doch auch hier gilt, so Schröder, „wichtig ist nicht der Unterricht an sich, sondern alles andere. Also die Hintergründe egal ob bewusst eingeblendet oder echt, wie der Migrationshintergrund von Murat“. Wichtig ist und bleibt der Kontakt zu den Schülern, denn schließlich brauche man als Lehrer die motivierten Schüler, die einem die neuen Geräte und Programme erklären, erkennt Schröder, der noch immer darauf wartet, dass die Cookies endlich geliefert werden, die er ständig akzeptiert. Alles kein Problem für Digital Natives aus dem Stamme der stabilen Verbindung, die eine Audionachricht jedem Telefonat vorziehen. Warum? Man muss nicht aktiv zuhören und auch nicht spontan reagieren. Die Digitalisierung führe zu einer Verfingerung des Lebens – soll heißen, klickend und wischend wird das Leben bewältigt. Statt Duden hilft dann vielleicht die Instagrammatik.
Dem Leben in der virtuellen Welt stehen die analogen Momente entgegen, deren Erinnerungs- und Erlebniswert anerkanntermaßen über dem likes und followern der sozialen Medien liegt. Die anwesenden Schüler waren vom Programm des Herrn Schröder genauso begeistert, wie die Lehrerschaft samt Nichtlehrerschaft. Ebenfalls 100% analog waren die wunderschönen Klavierstücke von Lea Dümmler, mit denen sie im Foyer für die Besucher eine kurzweilige Atmosphäre erzeugte.
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