Eheschließunsstandesbeamter

Emotionalität steht vor der Bürokratie

Barny Bitterwolf ist Eheschließungsstandesbeamter in Aulendorf


veröffentlicht in der Schwäbischen Zeitung vom 14.10.2023

Emotionalität und Bürokratie haben augenscheinlich nichts miteinander zu tun. Kommt es aber in Deutschland zu einer Hochzeit, so geht das eine nicht ohne das andere. Wie man eine emotional hochaufgeladene Eheschließung mit dem nüchternen Verwaltungsakt im Sinne des Personenstandsgesetzes für Baden-Württemberg in Einklang bringt, erklärt und demonstriert Barny Bitterwolf, der seit Februar 2022 in Aulendorf als Eheschließungsstandesbeamter in Amt und Würden tätig ist. Die Schwäbische Zeitung begleitete Bitterwolf zur Trauung des Paares Ingrid und Eugen Maucher, die sich im Marmorsaal im Aulendorfer Schloss vor kurzem das Ja-Wort gegeben haben.

Sperrig kommt die Bezeichnung Eheschließungsstandesbeamter daher. Aber um eine Ehe im Sinne des Grundgesetzes zu schließen, müssen gewisse formale Voraussetzungen erfüllt werden. Eine ist die standesamtliche Eheschließung, wofür der Standesbeamte zuständig ist. Um die Verwaltung zu entlasten und dem Wunsch nach Wochenendtrauungen entgegen zu kommen, hat die Stadt Aulendorf Anfang 2022 einen speziellen Eheschließungsstandesbeamten gesucht – und gefunden. Bitterwolf wurde in einer online-Schulung mit den rechtlichen Fragen rund um die Eheschließung vertraut gemacht und abschließend von Bürgermeister Matthias Burth für die Aufgabe des Eheschließungsstandesbeamten berufen. 57 Paare hat er seitdem getraut. Seine Motivation für die Aufgabe erklärt Bitterwolf wie folgt. „Die Sache macht großen Spaß, denn wo sonst trifft man auf eine so gut aufgelegte Gruppe von Menschen, alle gutgelaunt, im feinen Häs und frisch gewaschen.“

Nicht wenige Brautpaare verzichten inzwischen auf eine kirchliche Trauung. Die standesamtliche Hochzeit bildet also oft die einzige Zeremonie. Es gibt zwar auch noch sogenannte „freie Trauungen“, diese haben aber rechtlich keine Bedeutung. Wird hingegen Bitterwolf in Aulendorf aktiv, dann ist es ihm ein Anliegen, diese offizielle Zeremonie zu einem besonderen Erlebnis für das Brautpaar zu gestalten, an das man sich gerne erinnert. Bei einer Hochzeit darf geweint und gelacht werden, erklärt Bitterwolf, die Emotionalität dürfe man ausleben und zulassen.

Im Vorfeld führe er aber Gespräche mit dem Paar, das er vermählen wird. Er macht sich ein Bild von den beiden Persönlichkeiten, dem persönlichen Umfeld und auch von der Beziehung zum Aulendorfer Schloss. Übrigens ein durchaus beliebter Ort für Hochzeiten, denn wer möchte nicht gerne in einem Schloss heiraten. Wir haben den Blauen Salon, im kühlen blauen Ton, den Gelben Salon, ein wenig im Boho-Chic angehaucht, das Musikzimmer/Grüne Salon als reguläres Trauzimmer, im Shabby Chic mit Rosen und den Marmorsaal im Barockstil mit Gold und Bordeaux, erklärt Hilde Schweizer vom Aulendorfer Standesamt, die Möglichkeiten für eine Trauung in Aulendorf. Fast 50% aller Trauungen seien inzwischen auswärtige Paare, die bis aus dem Stuttgarter Raum kommen. Schweizer ist es auch, die Bitterwolf mit allen Formalien im Vorfeld der Trauung unterstützt.

Am Hochzeitstag von Ingrid und Eugen schließlich tritt der Eheschließungsstandesbeamte in Aktion. Im Marmorsaal des Schlosses arrangiert Bitterwolf zunächst einmal die Hochzeitsgäste und bereitet sie auf die bevorstehende Zeremonie vor. Schnell hat er die Aufmerksamkeit der knapp 100 Gäste auf seiner Seite. Kein Wunder verfügt er doch über jahrelange Erfahrungen als Bildungsreferent, Moderator und Künstler auf den Bühnen der Region. Für tosenden Applaus zum Einzug des Brautpaares ist also gesorgt. Redegewandt und eloquent blickt Bitterwolf die nächsten 45 Minuten auf das vor ihm sitzende Brautpaar. Mit Anekdoten stellt er das Paar den Gästen vor, spart aber auch nicht mit kleinen Bonmots aus dem eigenen Leben. Für ihn selbstverständlich, gehören auch Ratschläge für das junge Eheglück dazu. Aber er warnt gleichzeitig „Ratschläge können auch Schläge sein“. Der Höhepunkt ist natürlich die Trauung selbst. Das Ja-Wort! Danach die größte Freude aus Sicht von Bitterwolf, indem er verkündet „Ihr dürft euch jetzt küssen“.

Große Freude, große Emotionen, doch noch einmal fordert die Bürokratie ihren Tribut. Die Niederschrift zur Eheschließung muss unterschrieben werden, die Eheurkunde wird ausgestellt, die unwiderrufliche Entscheidung zur Namensführung der Ehegatten wird verlesen und bescheinigt. Das alles dauert allerdings nur wenige Minuten, da die Akten von den Bediensteten des Standesamtes sorgfältig vorbereitet wurden. „Möglichst wenig Verwaltung am Hochzeitstag“ ist ein Leitspruch von Bitterwolf.

Die Ehe von Ingrid und Eugen ist somit erfolgreich geschlossen.

Aber ganz so reibungslos muss es nicht immer laufen. Bitterwolf sagt, die vergessenen Ringe oder der Trauzeuge der seine Krawatte nicht binden konnte, das komme schon mal vor. Bemerkenswert hingegen sei jener Brautvater gewesen, der darauf bestand, dass er während der Zeremonie öffentlich sein Einverständnis geben konnte. Wer Bitterwolf kennt, weiß dass er auch diese Herausforderung mit schwäbischen Charme und Wortwitz zu aller Zufriedenheit lösen konnte.

Info: Die Berufung zum Eheschließungsstandesbeamten gilt nur für eine Gemeinde. Bei Bitterwolf ist das Aulendorf. Dort wird es zukünftig auch die Möglichkeit geben, sich von ihm mittelalterlich trauen zu lassen. Nähere Informationen dazu und rund um das Thema Hochzeit gibt es beim Standesamt in Aulendorf und im Internet: www.heiraten-aulendorf.de

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