Premiere im Ried beschert profundes Wissen für jedermann
Petra Wolz führt durchs Steinacher Ried
Veröffentlicht in der Schwäbischen Zeitung vom 15.06.2021
Premiere am Riedparkplatz in Steinach am vergangenen Donnerstag. Erstmals nach dem Coronalockdown gab es dieses Jahr eine geführte Gruppenwanderung und erstmals überhaupt führte Petra Wolz eine Schar von 15 Wanderern durch das Steinacher Ried, das übrigens zum größten Teil auf Aulendorfer Gemeindegebiet liegt. Das aber nur am Rande bemerkt und doch zeigt dieses Detail wunderschön auf, mit welchem breiten Spektrum an Wissen Wolz den Teilnehmern während der knapp dreistündigen Exkursion alles rund um das Thema Moor näher brachte.
Mit Wolz hat die Kurverwaltung eine denkbar ideale Mitarbeiterin gewonnen, um den Gästen und Einheimischen die Faszination des Riedes zu erschließen. Neben Studienabschlüssen in Geologie, Paläontologie (Wissenschaft vom Leben in der geologischen Vergangenheit)und Tourismus hat sich Wolz außerdem noch als Naturpädagogin und Moorführerin qualifiziert. Gerade die pädagogischen Kenntnisse kommen den Teilnehmern vollumfänglich zugute, denn die Wissensvermittlung beschränkt sich bei Wolz nicht nur auf das Vortragen von Schulbuchwissen. Dementsprechend eindrücklich ist die „Eiszeitshow“ von Wolz, die gleich zu Beginn am Riedparkplatz geboten wird. „Dafür habe ich eine oberschwäbische Landschaft und einen Gletscher mitgebracht“ erklärt Wolz und schon staunen die Zuhörer über die erdgeschichtlichen Ereignisse die das Aussehen Oberschwabens während der letzten zweihunderttausend Jahre prägten. Die zweihundert Meter starke Eisschicht über der Waldseer Altstadt während der letzten Eiszeit war nur ein bemerkenswertes Detail davon. Angefüllt mit Wissen zur Entstehung von Nieder- und Hochmooren, zum Unterschied zwischen Moor, Torf und Ried startete die Exkursion zu ihrer viereinhalb Kilometer langen Runde ins Ried. Es ging vorbei an ehemaligen Streuwiesen, entwässerten Fichtenwäldern, wiedervernässten Baumfriedhöfen, an ehemaligen Torfstichen, an Deponieflächen für Badetorf und auf die letzten Reste des Hochmoorschildes. So am Vorbeigehen wurden die riedtypischen Pflanzen entdeckt und vorgestellt. Bärlappe, Heidelbeeren, Rauschbeeren, Preiselbbeeren, Moorkiefern, Wollgras, Moosbeeren, Heidekraut und noch vieles mehr kann das kundige Auge erkennen. Besonderes Augenmerk verdiente aber das Torfmoos. Es sind jene unscheinbaren Pflanzen, die auf das Leben in absolut feuchten, nährstoffarmen und saurem Milieu spezialisiert sind. Ein klein bisschen Chemieunterricht verdeutlichte, dass der ph-Wert von Hochmoorwasser nahezu den Säuerungsgrad von Essig erreicht. Dennoch wächst in diesem Milieu das Sphagnum, so der wissenschaftliche Begriff für das Torfmoos und bindet das Kohlendioxid dauerhaft im Hochmoortorf. Wolz plädierte leidenschaftlich dafür, den Abbau von Hochmooren zu unterlassen. Es sind unwahrscheinliche CO2 Depots die über mehrere tausend Jahre gewachsen sind und dann auf einen Schlag frei gesetzt werden warnte Wolz. „Das wissen wir nicht“ zeigten sich einige Teilnehmer betroffen. Dazu passte auch der Besuch der Deponiefläche I, auf der vor einigen Jahren unter wissenschaftlicher Begleitung die Wiederbesiedlung mit Moorpflanzen versucht wurde – ohne Erfolg, denn ein typisches Moor lässt sich nicht künstlich herstellen, vor allem nicht in kurzer Zeit. Dass Torf in den letzten drei Jahrhunderten vom Menschen auch vielfältig als Brennmaterial genutzt wurde, wusste nicht nur Wolz zu berichten sondern auch einige Waldseer Teilnehmer erinnerten sich noch an ihre Kindheitserlebnisse im Moor beim Torfstechen. Dazu gehörten auch die vielen Stechmücken, von denen auch die Wandergruppe unentwegt umschwirrt wurde.
Die Riedwanderung mit Petra Wolz besitzt den Charakter einer kleinen, wissenschaftlichen und sehr kurzweiligen Exkursion. Wolfgang Malang, einer der Teilnehmer brachte es am Ende treffend auf den Punkt „Profundes Wissen an den Mann zu bringen, ist nicht jedermanns Sache, aber Ihre ist es“. Zustimmender Applaus aller Teilnehmer zeugten von einer gelungenen Premiere im Steinacher Ried.
Info: Ab Donnerstag 17. Juni finden die Riedführungen mit Petra Wolz im zweiwöchentlichen Rhythmus statt. Zwecks Anmeldung und näheren Informationen wendet man sich an die Tourist Information Bad Waldsee
Schreibe den ersten Kommentar