Chris Boettcher – Immer dieser Druck

Chris Boettcher, ein Entertainer im besten Sinne

Humoriges Musikpotpourri befeuert Lachsalven

veröffentlicht in der Schwäbischen Zeitung vom 02.05.2022

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Bestens unterhalten waren die rund 150 Besucher von Chris Boettcher, der im wahrsten Sinne des Wortes kräftig in die Tasten griff. Seine Musikalität ist umwerfend, spontan und vor allem stets durchsetzt mit einem Schuss bayrischer Hinterfotzigkeit in den Texten. Ein bisschen scharf mitdenken schadet bei Boettcher nicht, schließlich stecken zwischen den offensichtlichen Kalauern auch Alltagsbeobachtungen die Aufmerksamkeit verdienen.

Das Szenarium auf der Bühne ist simpel. Da steht das im Kuhhautdesign umhüllte E-Piano des Künstlers. Auf dem Notenständer ein ganz dicker Leitzordner mit unzähligen Einlegeblättern, in denen Boettcher scheinbar willkürlich blättert, um eine musikalische Perle nach der anderen den Zuschauern zu Gehör zu bringen. Dazwischen parliert er charmant mit seinem bayrischen Akzent, verknüpft Themen und ehe man sich versieht, greift er schon wieder in die Tasten und das nächste Lied beginnt. Zwar heißt das aktuelle Programm von Boettcher „immer dieser Druck“, aber mit dem setzt sich dann letztendlich nur ein Song auseinander, in dem knapp präsentiert wird, welcher Druck das Leben deutscher Promis aus Sport, Politik und Kultur beeinflussen – und dabei ist der Druck von Gabaliers enger Lederhose noch am harmlosesten. Da nun nach zweijähriger Coronapause heuer wieder das Oktoberfest stattfinden soll, hat sich Boettcher so seine Gedanken gemacht und rechnet mit veränderten Wiesnhits in den Bierzelten. Als Kostproben präsentierte er „Viva Coronia“, „Resi I hol die mit dr Masken ab“, „Atemnot“ und „Am Sonntag will mein Süßer mit mir impfen gehen“. Zwischendurch blieb das Piano ruhig und Boettcher nahm ein dickes Buch mit selbstgeschriebenen Gedichten zur Hand. Dass er trotz signifikantem Bauchansatz keinen passenden Trainingsplan finden kann, war Thema im Gedicht „Sport“. Auch spannend war der geänderte Blickwinkel, mit dem ein Hund die Beziehung zu seinem Herrchen beschreibt. Die Kirchensteuer schließlich, stilisiert er zur Himmelspfortendurchgangsmaut. Die literarische Krönung für sein Werk sieht Boettcher im bayrischen Deutschschulbuch, das die Schüler auffordert einen Text von Erich Kästner mit seinem Wiesnhit „Zehn Meter gehen“ zu vergleichen.

Der zustimmende Applaus zeigte, mit dem Lied „Heimscheißer“ hat er vielen Besuchern aus dem Herzen gesprochen und immerhin geht damit der durchaus bedeutende Appell einher, dass jeder seinen Scheiß behalten möge. Gern parodierte Musikerkollegen in seinem Programm sind Udo Lindenberg, Herbert Grönemeyer und auch Howard Carpendale hat´s nicht leicht, wenn er in die musikalischen Fänge von Boettcher gerät.

Sein Repertoire ist vielfältig, scheint geradezu unendlich. Langeweile oder Lücken kennt das Programm nicht und mit souveräner Bühnenpräsenz bot Boettcher zwei Stunden lang bestes Entertainement.

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