Landschaftstreffen – Brauchtumsvorführungen

Gastzünfte zeigen ihre Bräuche auch mal in Bad Waldsee

Im Klosterhof stehen die Besuchermassen dicht gedrängt

veröffentlicht in der Schwäbischen Zeitung vom 29.01.2018, Ausgabe Bad Waldsee – Aulendorf

 

„Zum Erhalt der Tradition gibt es das Brauchtum.“ Dies sagt einer der es wissen muss, nämlich Franz Daiber, Zunftrat in der Narrenzunft Waldsee und Moderator bei den Brauchtumsvorführungen am Samstagabend im Klosterhof. Dichtgedrängt standen viele hundert Zuschauer, um sich von den Tänzen, Geschichten, der Akrobatik und dem Schabernack der teilnehmenden Gastzünfte auf die Fasnet einstimmen zu lassen. Die Stadtkapelle Bad Waldsee begleitete die eine oder andere Zunft, während die Trommgesellenzunft Munderkingen ihre Trommler und Pfeifer und die Narrenzunft Bad Säckingen ihre Ranzengarde mitgebracht hatten.

Die närrische Schar, die kurz zuvor noch in St. Peter die Narrenmesse gefeiert hatte, zog zu den Klängen der Stadtkapelle direkt von der Kirche auf den Klosterhof, wo bereits die Plätzler aus Weingarten und die Hänsele aus Markdorf mit ihren Karbatschen ohrenbetäubende Kracher erzeugten. Nach diesem fulminanten und in der alemannischen Fasnet recht weit verbreiteten Brauch gab es eine Premiere. Erstmals präsentierte die Narrenzunft Spritzenmuck aus Ehingen die Hintergrundgeschichte des ungewöhnlichen Zunftnamens. In einem humorigen Schauspiel wurden die Zuschauer ins Jahr 1859 versetzt, als der Kirchturm abzubrennen drohte – und diesen Kirchturm haben die wackeren Zünftler aufwändig nachgebaut und mitten im Klosterhof platziert. Dank der wackeren Feuerwehr in den äußerst schmucken Häsern konnte schlimmes verhindert werden, zumal es sich auch noch um einen blamablen Irrtum handelte. Der dunkle Rauch an der Kirchturmspitze waren Mückenschwärme. Deshalb: Narrenzunft Spritzenmuck! Die Trommgesellenzunft aus Munderkingen ist weithin bekannt für ihre Brunnenspringer. Diese blieben am Samstag zwar in Ermangelung eines geeigneten Brunnens trocken, doch gemeinsam mit den Trommgesellen und deren Maiden führten sie den „Hopser und Schleifer“, ein historischer Formationstanz, vor. Archaisches Dröhnen aus riesigen Kuhglocken deutete den Besuch der Röllizunft aus Siebnen in der Schweiz an. Ihre Masken zeigten den Röllireigen, mit einer schönen synchronen Choreografie. Und weil es einfach Spaß macht, ermunterte Co-Moderator Alex Bösch die Zuschauer immer wieder einmal den Schweizer Narrenspruch „Rölli Rölli Suppechnölli“ zu rufen. Eine der Urgestalten in der Bad Säckinger Fasnet ist der Joggele. Ihm war der Joggele-Tanz gewidmet, der aus sehr vielen unterschiedlichen Tanzschritten bestand und somit recht aufwändig zu erlernen ist. Mit Pfeifen, Trommeln und Trompeten wurden sie von der mitgereisten Ranzengarde musikalisch unterstützt. Vor allem viel Schabernack mit den Zuschauern und den eigenen Zunftmitglieder zeigten der Bändele-, der Schneckenhüsli-, der Spielkarten- und der Welschkornnarro aus Zell am Hammersbach. Schon ein bisschen martialisch wurde hingegen der Butzentanz der Pflasterbutzen aus Lindau. Für diesen bis ins 17. Jahrhundert zurück gehenden Tanz wurde ein großer Galgen errichtet und der Klosterhof in rot-schummriges Licht von bengalischem Feuer getaucht. Die Pflasterbutzen verkörpern Winterdämonen, die den Frühling verhindern wollen und deshalb symbolisch den Hahn erhängen – brrrr.

Und dann gab es zu guter Letzt noch die Aulendorfer Sprunghexen, die mit ihren akrobatischen Saltos das Publikum begeisterten. Zuvor jedoch wollte die Katzenzunft Meßkirch ihr Narrengericht walten lassen und demonstrieren, wie den Verurteilten die Nase geschliffen wird. Es blieb beim Wollen, denn der Delinquent war nicht erschienen, auch nicht nach dem akademischen Viertel. In dieser Zeit waren die Moderatoren Daiber und Bösch gefordert, das Publikum bei Laune zu halten. „Wenn Schunkeln nicht mehr hilft, dann hilft nur noch Aulendorf“ wusste Bösch und stimmte gemeinsam mit dem Publikum den Aulendorfer Narrenmarsch an – a capella, denn die Waldseer Stadtkapelle hatte ausgerechnet dieses Stück nicht in ihrem Fasnetsrepertoire. Und deshalb passte auch die Musik der Aulendorfer Sprunghexen zum Programmabschluss besonders gut: „An Tagen wie diesen“. AHA, was saisch au!

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