SPD Kommunal-Landes-Bundespolitik

Demokratie heißt in Dialog gehen

Bloß nicht krank werden – die Angst geht um

veröffentlicht in der Schwäbischen Zeitung vom 07.11.2022

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In ländlichen Räumen krank zu werden, ist eines der Angstthemen, dass nicht nur die Bevölkerung im nördlichen Teil des Landkreises umtreibt. Eine Gesundheitspolitik, deren Früchte in der Schließung von Krankenhäusern und Mangelverwaltung bei Personal und Patientenwohl bestehen, stand auf dem kritischen Prüfstand der Veranstaltung „Kommunal- trifft Landes- trifft Bundespolitik“. Heike Engelhardt MdB hatte am vergangenen Samstag ins Haus am Stadtsee geladen, um mit eben jenen Volksvertretern ins Gespräch zu kommen, die auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene mitgestalten und mitbetroffen sind.

Auf kommunaler Seite waren neben Oberbürgermeister Matthias Henne und Bürgermeisterin Monika Ludy Gemeinderäte, Vertreter der Bürgerinitiative Krankenhaus Bad Waldsee und mehrere Kreisräte gekommen, allen voran Rudolf Bindig, der sich in den zurückliegenden Monaten vergeblich gegen den Schließungsbeschluss im Kreistag gestemmt hatte. Den Ein- und Überblick in die Landesgesundheitspolitik hat Florian Wahl MdL, dank seiner Funktion als Vorsitzender des Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration. In seinem Impulsreferat zeigte er den rund 30 Besuchern auf, dass die baden-württembergische Gesundheitspolitik eine „Politik des goldenen Handschlags“ sei, Entscheidungen also nicht aufgrund fachlich fundierter, landesweit gültiger Standards erfolgen, sondern in jeweiligen Einzelverträgen zwischen Land und Kreis. Einen Landeskrankenhausplan, der solche Standards – z.B. die maximale Fahrzeit zur nächsten Klinik – festlegen würde, gibt es zwar, aber mit einem Umfang von gerade mal 10 Seiten und einem Stand von 2010 habe die Regierung ihre Hausaufgaben nicht gemacht, bemängelt Wahl. Schwierige Diskussionen würden so von Landesebene auf die Kommunalebene verschoben, Kommunen und Landkreise gegeneinander ausgespielt. Wahl fordert dringend ein landesweit gültiges Konzept dessen Fokus auf der Versorgung der Bevölkerung liegt. „Krankenhäuser schließen ist kein Konzept, Krankenhäuser schließen ersetzt kein Konzept und ersetzt keine Landesplanung“ so Wahl. Beim Stichwort PVZ (Anm.d.Red. Primärversorgungszentrum) konstatierte er süffisant, dass dieses zwar per se nix schlechtes sei, aber mangels gesetzlicher Regelungen zur Finanzierung eine solche eben nicht gesichert sei und das PVZ somit auch nicht als Ersatz für eine geschlossenes Klinik in Betracht komme. Engelhardt legte bei diesem Thema noch eine Schippe drauf und warnte Henne, denn sinnvoll sei ein PVZ nur, wenn es als Satellit eines großen Krankenhauses betrieben werde und dieses auch das speziell ausgebildete Personal dafür bereitstellt. Doch diese Fachkräfte sind bis jetzt noch gar nicht ausgebildet. Die anschließende Fragerunde stellte den eklatanten Personalmangel in Korrelation mit vergangenen und nach wie vor andauernden Fehlentscheidungen rund um die Gesundheitspolitik, sparte aber auch nicht mit kritischen Rückblenden auf die letzten 12 Monate, in denen vor allem die Haltung und Auftritte des zuständigen Ministers Manne Lucha für Unbehagen sorgten. „Für Bad Waldsee gebe ich keinen Cent“ zitierte Thomas Bertele von der BI Krankenhaus den Minister. „Eine politisch mutige Aussage“ kommentierte Wahl, „aber leider ohne demokratische Legitimation“. Carola Rummel vom SPD Kreisverband hatte bei der Begrüßung die Angst krank zu werden thematisiert. Eine Angst, die auch nach zweieinhalb Stunden Austausch nicht zerstreut werden konnte. Vielmehr blieb ein schales Gefühl darüber, dass mangels Konzept in Form eines fundierten Landeskrankenhausplanes unpopuläre Entscheidungen in die Kommunalpolitik durchgereicht werden.

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