Everesting Grabener Höhe

So hohe Berge gibt es gar nicht

Durch die Nacht und durch die Hitze fährt Daniel Steinhauser

veröffentlicht in der Schwäbischen Zeitung vom 10.08.2020

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Everesting als Herausforderung für sportlich ambitionierte Radfahrer und Läufer erfreut sich vor allem seit den coronabedingten Restriktionen für sportliche Wettkämpfe einer steigenden Beliebtheit. Der Bewältigung der insgesamt 8848 Höhenmeter stellen sich die Sportler meistens ohne besondere mediale Aufmerksamkeit und ohne Anwesenheit von Publikum. Daniel Steinhauser hat sich hier anders entschieden. Er will die maximale Leistung bei dieser Herausforderung für einen guten Zweck erbringen, weshalb er Sponsoren für sein ganz persönliches Everesting gesucht hat, wie er im Gespräch mit der SZ kurz vor dem Start erklärt. Für Sponsoren wiederum ist es interessant wenn deren Werbung, die auf großen Bannern entlang der Strecke platziert ist, von möglichst vielen Leuten wahrgenommen wird. Zweifelsohne ein Interessensspagat der jedoch durch das gewählte Eventformat sehr gut gemeistert wurde. Auf die 30-te Auflage des traditionellen Einzelzeitfahrens zur Grabener Höhe hat die Lauf- und Radsportgemeinschaft Möhre (LRG Möhre) hingegen verzichtet, da bei dieser Veranstaltung traditionell ein größerer Besucheransturm im Zielbereich erwartet wird.

Auf 625 Metern Höhe, an der Kreuzung der Mahlgasse mit der Grabener Straße in Osterhofen befindet sich der Start- und Wendepunkt für die Schleife, auf der Steinhauser insgesamt 24 Stunden lang Höhenmeter für Höhenmeter abspult. 126 Höhenmeter und 2,2 Kilometer weiter oben liegt der Scheitelpunkt und zweite Wendepunkt. Hier am Kulminationspunkt der Straße über die Grabener Höhe befindet sich ein großes Zielbanner, dass von Steinhauser 96 mal passiert wird. In 24 Stunden legt er so 428 Kilometer zurück, die er am Sonntag kurz nach 15 Uhr mit den Worten „schön, gut, hart“ kommentiert.  

Die für das Everesting erforderlichen Höhenmeter schafft er locker. Bereits am Sonntagmorgen kurz vor 6.00 Uhr war deshalb ein kurzer Freudenbrüller zu hören, denn Steinhauser hatte die 8848 Höhenmeter geschafft. Mit gefreut haben sich die Familienmitglieder, die am Startpunkt für die Verpflegung verantwortlich waren und Julia Arnegger von der LRG Möhre, die zu dieser frühen Stunde mitgeradelt ist. Steinhauser war nie allein. Seine Teammitglieder der LRG Möhre haben sich während der 24 Stunden abgewechselt, so dass stets mindestens ein Mitradler dabei war. Naturgemäß waren es in der Nacht weniger und am noch frischen Sonntagmorgen mehr Mitradler. Dies war auch der Zeitpunkt an dem vom Autor im Selbstversuch die Schleife hinauf zur Grabener Höhe in Angriff genommen wurde. Mit Trekkingrad, ohne Motor und mit viel Schweiß ging es auf die Strecke. Natürlich flitzten die Rennradler bergauf vorbei, aber man bekommt trotzdem ein Gefühl dafür, was von Steinhauser da geleistet wurde, denn der Anstieg ist tückisch. Mehrere 10% steile Rampen und eine kurze Zwischenabfahrt in Graben zwingen zu einer unrhythmischen Fahrweise.  Dass dies schwierig ist, bestätigt auch Tobias Schanne, der gleich mehrere Schleifen mitgefahren ist. Im Gegensatz zu Steinhauser kann er sich auf der Grabener Höhe aber eine längere Pause gönnen. Hier befindet sich ebenfalls eine Verpflegungsstation, die auch von vorbeikommenden Hobbyradlern gerne genutzt wird. Auf Spendenbasis gibt es Energieriegel, Bananen und Wasser. Zusammen mit den Sponsorengeldern gehen diese Spenden an den Eugen-Bolz-Kindergarten in Bad Waldsee, die Schule für Blinde und Sehbehinderte in Baindt und an die Familienunterstützende, Integrative Behindertenarbeit Biberach (Fib).

Zu den Unterstützern der LRG Möhre gehört auch Luis Grünvogel, der in den Abendstunden am Samstag mit auf der Strecke ist. Auch ihm ist es ein Anliegen, dass Steinhauser in seinem ehrgeizigen Ziel unterstützt wird, damit es zu keinem Motivationseinbruch kommt.

Nun war es zwar keine Sportveranstaltung mit Wettkampfcharakter, dennoch wurde hier Leistungs- und Ausdauersport auf hohem Niveau geboten. Rund vierzehntausend Höhenmeter hat Steinhauser in den 24 Stunden von Samstag- bis Sonntagnachmittag erklommen. Höher als der Mount Everest (Namensgeber für das Everesting) und höher als der Mauna Kea (auf Hawai), der, gemessen vom weit unter dem Meeresspeigel befindlichen Fuß des Berges, immerhin 10203 Meter erreicht. Die Berge die Steinhauser bezwingt, gibt es nicht auf diesem Planeten.

Kurze Info zu den Höhenmetern – nur für den Fall dass jemand 126*96 multipliziert und sich wundert:

Die Höhendifferenz beträgt 126 Meter. Bei Graben kommt eine Zwischenabfahrt mit ca. 11 Höhenmeter. Diese 11 Höhenmeter sind auch bei der Talfahrt zu überwinden. So sind pro Schleife 126+11+11= 148 Höhenmeter zu fahren. Insgesamt also 96*148=14208

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