Pater Martin Werlen

Der Mutmacher mit dem Fake Namen Martin begeistert im Haus am Stadtsee

Ökumenische Gedanken über Traditionen und der zeitgemäßen Sprache Gottes

veröffentlicht in der Schwäbischen Zeitung vom 01.02.2020

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Ins Haus am Stadtsee waren am Donnerstagabend  weit über 250 Besucher gekommen, die sich Gedanken über die aktuelle Situation der Kirche machen und hören wollten, was der Benediktinerpater Martin Werlen dazu zu sagen hat. Werlen, emeritierter Abt des Klosters Einsiedeln in der Schweiz, hat zahlreiche Bücher veröffentlicht, ist ein gefragter Redner und „ich provozier ganz gerne einmal“, wie er zur Begrüßung meinte.

Und deshalb verkündete er zum Auftakt gleich einmal „Es gibt nur eine Kirche und die ist katholisch“, kurze Pause und dann folgte  „Es gibt nur eine Kirche und die ist evangelisch. Es gibt nur eine Kirche und die ist orthodox.“ Solange solche Aussagen für Provokation sorgen, solange also konkurrierende Einstellungen um den Begriff Kirche kreisen, solange haben die Menschen nicht verstanden, dass Kirche keine Konfession sei, sondern die Gemeinschaft der Getauften, erklärt Pater Martin. Es gehe also darum, den Glauben neu zu entdecken, denn Gott traue das den Menschen im hier und heute zu. Man muss das den Menschen sagen, denn eine Zuhörerin bekräftigte im Gespräch mit der SZ, dass ihr der Abend Mut gemacht habe, genau das zu leben, was glaubensmäßig schon vorhanden ist und dass man nicht warten müsse, bis irgendwer etwas genehmige. Genau darum geht es aber oft. Zum Beispiel ganz aktuell im Prozess des Synodalen Weges, dessen  Synodalversammlung genau seit Donnerstag in Frankfurt tagt. Pater Martin empfahl den interessierten Gläubigen bei der Verfolgung der Veröffentlichungen rund um den Synodalen Weg, doch darauf zu achten, wer und wie mit dem Begriff „Tradition“ umgegangen wird. Das sei mitunter ganz schön gefährlich, denn man müsste unterscheiden in „die Tradition“ und in „die Traditionen“. Das eine, also die Tradition muss unbedingt erhalten bleiben, das andere, nämlich die Traditionen müssen angepasst werden. Traditionen spiegeln den Zeitgeist einer früheren Epoche wieder. Sie geben zwar ein gewisses Heimatgefühl, können aber der Tradition im Wege stehen. Pater Martin brachte die roten Papstschuhe als Beispiel, die Überbleibsel der einst komplett rot gewandeten Papsttracht waren, nachdem 1566 der Dominikaner Papst Pius V eine neue Kleiderordnung einführte. Verzichtet Papst Franziskus nun auf die roten Schuhe, so passt er Traditionen zur Kleidung dem aktuellen Zeitgeist an.

Man muss das Wort Gottes so verkünden, dass die Menschen es verstehen, wobei dies ein stetes Ringen um geeignete Begriffe ist. Denn Schweigen gehe nicht und deshalb gibt Pater Martin in der von Ludger Möllers moderierten Fragerunde auch einer Besucherin recht, die mit dem inflationär gebrauchten Begriff Herr hadert. Man müsse gemeinsam unterwegs sein, um mit passenden Worten den Glauben zu entdecken. Ein Rezept, dass Pater Martin auch mit seinen Gymnasialschülern anwendet. Von jenen stammte auch die Erkenntnis, dass es sich beim Ordensnamen Pater Martin um einen Fake Namen handle und nicht um den richtigen Namen. Zeitgemäße Sprache! Beim Ringen um die richtigen Begriffe setzt Pater Martin auf Assoziationen und Bilder. Begeistert präsentiert er den Begriff Tanz, der für ihn bedeutet, „in allem die Kreativität und Freude Gottes nicht zu verlieren“.

Das sehr gut verständliche Schweizerdeutsch von Werlen, gab seiner Rede eine sympathische Note. Gebannt verfolgten die Zuhörer seinen Vortrag und seine Antworten auf  Fragen die von den Zuhörern und von Ludger Möllers, Mitglied der Chefredaktion der Schwäbischen Zeitung, gestellt wurden. Ruck-zuck nahm Werlen sein Smartphone zur Hand, wenn es galt Bibelstellen oder Texte von Silja Walter,  Alfred Delp oder Dietrich Bonhoeffer  zu zitieren.

Möglich wurde der aktuelle und mutmachende Abend durch eine beispiellose Kooperation der evangelischen und katholischen Kirchengemeinde Bad Waldsee, des Evangelischen Bildungswerkes Oberschwaben, der Katholischen Erwachsenenbildung Allgäu-Oberschwaben, der Schwäbischen Bauernschule Bad Waldsee, der Volkshochschule Bad Waldsee und des Fachbereichs Wirtschafts- und Kulturraum der Stadt Bad Waldsee.

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